Angehöriger Olaf Krause spricht über seine Erfahrungen in der Corona-Pandemie
In diesem Frühjahr stehen Olaf Krause und seine Mutter Helga auf der Terrasse des Seniorenheims Bachstraße – dicht beieinander. Über Monate hat der 50-Jährige auf enge Kontakte verzichtet ,alle Corona-Regeln der Einrichtung in Wiesenau konsequent eingehalten und sich mit der neuen Situation im Pflegeheim ,aber auch in seiner Firma Logiline arrangiert. „Und wenn ich heute zurückblicke auf die vergangenen 15 Monate, dann gibt es eben auch viele Momente, die einfach gut waren“, sagt der Langenhagener.
Beziehungen aufgebaut
Er bezeichnet es als Glücksfall, dass seine Mutter einige Monate vor Beginn der Pandemie ins Heim wechselte. „Sie war angekommen, als es losging, und wir wussten, dass es ihr gut geht.“ Mehrfach wöchentlich fuhren Krause, seine Frau Sabine oder Tochter Maya vor dem ersten Lockdown zu Besuch an die Bachstraße. „Wir haben viel mit meiner Mutter gesprochen, auch wenn sie wegen der Demenz nur noch wenig mitbekommt.“ Zugleich lernten Krauses das Team kennen, bauten Beziehungen auf – und profitierten letztlich in der Pandemie davon. Das aber ahnte der Unternehmer im Januar 2020 noch nicht.
Seinerzeit schickte sein Unternehmen noch Masken nach China, um dort den Menschen zu helfen. „Keine vier Wochen später drehte sich alles, und die Masken fehlten hierzulande“, erinnert sich Krause. Ihn, den Logistiker aus Leidenschaft, überraschten das Tempo und der Umfang, in dem die Verkehrswege zusammenbrachen. Masken, die das Unternehmen zunächst noch in Asien ordern konnte, fanden plötzlich nicht mehr den Weg nach Europa, geschweige denn nach Deutschland.
Gleiches galt für alle anderen Waren, die Logiline mit Sitz am Neddernfeld normalerweise transportieren lässt. „Das bedeutete, dass alle Mitarbeiter in Kurzarbeit gehen mussten“, sagt Krause. Er und seine Geschäftsführer-Kollegen wechselten sich mit der Arbeit im Stammsitz ab, um große Ausfälle bei einer möglichen Infektion zu verhindern. „Und plötzlich fand ich mich über Tage an meinem Schreibtisch im Homeoffice wieder“, sagt Krause. „Letztlich habe ich vieles abarbeiten können mit dem Blick in den Garten.“ Zu keinem Zeitpunkt habe er sich aber um die Zukunft des Unternehmens gesorgt.
Gleichwohl beschäftige ihn seit Beginn der Pandemie insbesondere das Thema Resilienz besonders: Wie übersteht man eine Krise gut? Welche Voraussetzungen müssen im Privaten wie im Geschäftlichen vorhanden sein? „Ich denke, dass jeder genau schauen muss, was kann er ändern und wofür lohnt es sich, Kraft einzusetzen.“ Im Umkehrschluss heißt es aber auch: Entscheidungen und Situationen annehmen, die man selbst nicht beeinflussen kann.
Für Krause und seine Familie stand deshalb fest, dass sie die Entscheidung des Heimes der kompletten Abschottung nicht infrage stellten. „Wir haben sie akzeptiert, weil wir wissen, dass die Pflege auch ohne Corona kein leichter Job ist“, sagt er. Es helfe weder den Beschäftigten noch den Angehörigen , wenn Kinder oder Partner ihren Frust an den Mitarbeitern ausließen. „Deshalb haben wir die Möglichkeiten genutzt ,die es in dem jeweiligen Moment gerade gab.“ Zunächst telefonierten Krauses regelmäßig, dann trafen sie die Mutter auf der Terrasse oder im Besuchszimmer – immer mit Abstand und Maske.
Intensive Beziehung zum Vater
„Für meine Mutter war das schwierig, weil sie mit zunehmender Demenz verschmuster wird“ ,sagt Krause. Immer wieder erklären, den Humor nicht verlieren, zugewandt sein: Mehr gehe eben nicht. Die räumliche Distanz zur Mutter führte zu einer intensiveren Beziehung zum Vater, der in der Nachbarschaft in Langenhagen wohnt. „Zusammen hatten wir die Zeit, gemeinsam im Garten zu sitzen und die Sonne beim Untergehen zu beobachten“, sagt Krause, dessen Arbeitsalltag normalerweise viele Dienstreisen bestimmen. Die fielen aus, wurden ersetzt durch digitale Runden – ein Modell, das sich der Langenhagener auch für die Zukunft vorstellen kann.
Ohnehin, sagt der 50-Jährige, werde die Pandemie nachhallen über Jahre. „Aber irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem wir überlegen, wann genau Corona war“, ist er überzeugt.
Das ist unsere Serie
Wie haben Mitarbeiter, Angehörige und Bewohner des Seniorenheims Bachstraße in Langenhagen die vergangenen Monate Corona-Pandemie erlebt? Wie geht es ihnen heute? Vom Geschäftsführer bis zum Hausmeister in unserer Serie sprechen sie alle über Sorgen und Hoffnungen.
Quelle: haz.de 28.07.2021 Text & Foto Antje Bismark