Was für eine gute Idee, aber schlecht umgesetzt! Eines vorweg, von Haus aus bin ich Kaufmann und kein Pfleger, daher hab ich auf diese Angelegenheit die Sicht von außen und hab mir dazu eine Meinung gebildet.

Die Idee, dass sich Pflegekräfte für Ihre Berufung organisieren finde ich gut. Jetzt kommen zur Umsetzung. Eine per Landesgesetz vorgeschrieben Pflichtmitgliedschaft kann dafür nicht der richtige Weg sein! Bisher kenne ich nur Kammern von Berufen, die in der Regel freiberuflich tätig sind. Anwälte, Architekten, Ärzte, Apotheker, etc.

Hier wird ohne Druck per Gesetz eine Zwangsmitgliedschaft für eine in der Regel angestellt tätige Berufsgruppe verordnet. Mit den Beiträgen wird ein irrer Verwaltungsapparat aufgeblasen, nur die Verwaltung der rund 70.000 betroffenen Menschen wird viel Geld für nix verbrennen.

Bisher habe ich keine Pflegekraft kennen gelernt, die von dieser Idee und der Umsetzung überzeugt war. Im Gegenteil! Die entgeltliche Zwangsmitgliedschaft ist wieder ein Grund NICHT in der Alten- oder Krankenpflege zu arbeiten. Wohin sich dieses Bürokratiemonster hinbewegen wird, ist heute (November 2018) noch nicht erkennbar, aber mit 0,4% des Jahreseinkommen, aber max. 280€ pro Mitglied läßt es sich gut verwalten.

Warum werden nicht anderen Berufsgruppen per Gesetz zwangsverkammert? Warum nicht Kaufmänner, Arzthelfer, Köche, Logistiker, Kfz-Mechatroniker oder Servicekräfte in der Gastronomie? Ich kann und will diesen Weg zu einer Pflegekammer nicht verstehen!

Neben Niedersachsen gibt es heute (November 2018) noch Pflegekammern in Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. Wo soll der föderalistische Flickenteppich hinführen?

Ich hätte da eine Idee, wie man es besser machen könnte. Wie gesagt, ich bin davon nicht betroffen, würde mir aber ein Stärkung der Pflegekräfte wünschen. Warum stellt z.B. das BMG nicht eine Fond nebst Zinsen als Anschubfinanzierung für eine bundesweit freiwillige Pflegekammer zur Verfügung? Mit diesem Geld kann sich eine Gruppe von engagierten Pflegekräfte zu Berufsordnung, Fortbildung, Vergütung und bessere Rahmenbedingungen Ideen entwickelt und dann gemeinsam mit dem BMG auf Mitgliederwerbung gehen.

Eine freiwillige bundesweit organisierte Pflegekammer, die mit Ihren Leistungen und Angebote ihre Mitglieder überzeugt wäre nach meiner Meinung der richtige Weg. Es dauerte sicherlich länger die erforderlichen Mitgliedszahlen zu generieren, um als Stimme wahrgenommen zu werden, aber es wäre die echte Stimme der Pflege.

Dazu steht für mich noch eine weitere Frage im Raum. Warum hat die Verdi es bisher nicht geschafft die Pflegekräfte zu organisieren? Ist die Zeit, in der eine gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmerschaft für ihre Rechte gekämpft vielleicht doch vorbei? Wie wird sich überhaupt Arbeit entwickeln? Wir sind mitten in der digitalen Revolution, es gibt viele dringende Frage um die Zukunft der Arbeit und wie wir diese gestalten wollen, da finde ich diese Idee der Zwangsverkammerung eher überflüssig.

Auf dem bisher gewählten Weg wird die Kammer permanent mit Ihren Mitglieder im Clinch liegen, um Beitragshöhe, Vergütung von Vorständen, Leistungen und Zwänge. Ich wünsche viel Spass dabei.